Die Abscheu vor dem allgäu

Thomas Bernhard sagt, das, wenn man den Zeitpunkt der Abkehr vom Geburtsort verpasst, dieser einen zugrunde richtet.

Und wisst ihr was? Nichts könnte richtiger Sein.

Wenn ich mich und meinen Allgäuer / Kemptner Freundeskreis betrachte, ist es genau das. Am Beispiel Florence: Sie hat den Absprung rechtzietig geschafft und hat jetzt eine gesunde Mischung aus Nostalgie, Heimatliebe und Fernweh, um mit Kempten umzugehen – ganz nett für Besuche, die sie auch geniessen kann -und das war’s dann halt.

Mir dreht sich bei dem Gedanken, nach Kempten zu fahren regelmäßig der Magen um. Es liegt aber nicht so sehr an Kempten (obwohl ich das immer sage) sondern daran, das ich ZU LANGE hier war. 20 Jahre sind halt definitv zu viel für eine derartige Stadt. Und was an der Stadt nett ist – das beste Bier der Welt (Alt Kemptner Weiße), diverse Freunde und Verwandte, verblasst alles vor der konditionierten Abscheu des Kleinstädtischen.

Nach spätestens 2 Tagen vermisse ich Betonwüste und Asphaltblues, Türkische Musik aus vorbeifahrenden Autos und Hübsche Frauen in Miniröcken, nach denen man sich noch nie umgedreht hat.

Meine These (einer meiner vielen Thesen) ist ja, das der nächste Schritt der Evolution weder Haarlosigkeit noch Telephatie ist, sondern die Erkenntnis des Menschen als Homo Urbanicus.Der Mensch, der sich erst ab Zweitausend Artgenossen pro km² wohl fühlt, der sich von der ländlichen Idylle löst und die Poesie der Straßenlaterne genießt, der sich statt Landschaftsmerkmalen an Flechtenbewuchs auf Asphalt orientiert.

Denke ich mir so. Dieser dauernde Naturwahn ist meiner Meinung nach nur unkontrolliertes Schuldbewußtsein gegenüber den im bisherigen Leben verspeisten Salatköpfen, und das macht es ja etwas hinfällig, oder? Wenn wir es schon nicht schaffen, uns bei unseren Mitmenschen für Taktlosigkeiten zu entschuldigen, brauchen wir auch nicht so zu tun als ob wir das den Pflanzen gegenüber tun wollen.

Und als Mehrwert für den Leser werde ich mich jetzt (gutes Beispiel und Vorbild aller Kinder) mich jetzt mal für eine Taktlosigkeit in Jüngster Vergangenheit entschuldigen:

Sorry Claudi, wegem dem Werwolfspruch, war nicht ernst gemeint!