Nun bin ich ja mal wieder in. Dresden. Nicht weil ich Dresden mag, oder gar hier sein will, sondern um die oft erwähnte P. zu besuchen und hier Silvester zu verbringen. Da diese WG aber aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen offline ist, waren die letzten paar Tage die Blogeinträge „mager“. Was hier genau passiert ist, und wie ich schließlich und endlich in einer Vorführung des Films: „Die Rotkäppchenverschwörung“ gelandet bin, das berichte ich ein anderes Mal – jetzt erstmal ein Bericht zur Reise, bis zu dem Zeitpuinkt, wo sich mein Akku verabschiedet hat.
Train to Günzburg
27.Dez.2006 13:59
so, dieser Eintrag entsteht, wie ich mit dem Zug meinem Silvester – Aufenthalt in Dresden entgegen „Eile“ – eine Regionalbahn, die fast 5 Stunden von Kempten nach Nürnberg (ja Klarkjeff, das sind die mit dem Größten Weihnachtsmarkt – nicht die Frankfurter!) braucht . Da werde ich dann aber in den Expresszug umsteigen können, der NUR (!) 3 Stunden nach Dresden braucht. Seufz.
Nun gut, das ist eine relativ bequeme Art und Weise zu reisen, aber mit der Billig-Kombi Bayernticket und Sachsenticket kommt man für 46.- nach Dresden – von Kempten. Man braucht zwar 7 1/2 Stunden, aber was solls – man hat ja Zeit und Zeit. Eigentlich nicht, aber so ist es halt. Und wenn wir in den letzten 50 Jahren eines gelernt haben, dann ist es, das Beschwerden bei der Bahn nichts bringen… Meine Idee für diesen Beitrag ist es, in mehreren Absätzen die Reise zu schildern – Reisejournalismus 2.0, sozusagen. Danach werde ich zwar Rückenschmerzen 3.0 haben, aber was solls.
27.Dez.2006 14:34
Sage und schreibe 9 Minuten bis zum ersten Halt, Günzach. Ein Höhepunkt der Zivilisation, die das Allgäu zeigt, das sich der Tourist vorstellt – Kühe, Grün, Berge, ein bisschen Schnee und eine Atmosphäre, das man nicht mal tot über dem Zaun hängen möchte…. Wenigstens bin ich gut vorbereitet, mit 2 Flaschen Wasser, gefakten kopfhörern ( falls wieder nervige Leute mich ansprechen, was sie irgendwann immer tun) und natürlich schlepptop und drei Bücher – glass soup von Jonathan Carroll, „Die Stadt der träumenden Bücher von Walter Moers (sieh die vor zwei Wochen erschienene Kritik) und „Neue Kriege“ von Herfried Münkler. Das sollte reichen. Hoffentlich. Wenn das Mädel mir gegenüber weiterhin ihre Sexualproblematik (Ja, werter lügender Bayer, es ist ein schönes Euter) mit einer Freundin in voller Lautstärke diskutiert, werde ich noch einiges zu lachen haben, aber das wäre bösartig, das zu posten….
27.Dez.2006 14:54
Nun hat man sich bis Nürnberg mit der Person unterhalten, BWL-Studentin, war Skifahren, bla bla bla – wenn die Mittelbayerische Ebene nicht so fad wäre, hätte ich gerade gar nicht zugehört. Aber der Mensch ist nun mal ein soziales Wesen, und besser mit jemandem Unterhalten als die Eigene Haltestelle zu verpassen.
27.Dez.2006 15:34
Unerkannt von anderen Reisenden hat sich mittlerweile er diabolische Plan meines Freundes entfaltet: Da mir Robse gestern wieder Test-Käse mitgegeben hatte (Danke nochmal!) schauen sich jetzt die Mitreisenden schon etwas aggressiv an – ein Älterer Herr in der Reihe hinter mir hat seiner Frau schon angemeckert, sie solle ihre Schuhe wieder anziehen – Tomme de Bauges ist ein Käse, der trotz strengem Geruch sehr würzig und ausgewogen schmeckt, und zwar optisch nicht viel hergibt, aber, bei trockenem Rotwein oder reifend in Bahnabteilen sein volles Aroma entfaltet. Hähähähh…..
27.Dez.2006 17:03
Kurzbesuch Nürnberg. 28 Minuten in der bayerischen Nordmetropole. Der Schrei: „Der Club ist schwul“ wird hier überraschend schlecht aufgenommen. Aber mit brilliantem Rucksackschwenk verteidigt, der das Käsearoma in die Gesichter der Attackierenden schleuderte. Eilige Flucht zum Bahnsteig, wo man schnell (aus Karma-gründen) einer älteren Frau (sichtlich aus ländlicher Umgebung) erklärt, das man die Türen des Zuges mit den Leuchtenden Knöpfen öffnet. Es bleibt spannend.
27.Dez.2006 17:19
Unterschichtendebatte live . Eine Familie (?) im Vierersitz neben mir erklärt sich selbst die Feinheiten internationaler Wirtschafspolitik auf trivialgnostischer Ebene. Ermüdend. McDonalds ist halt nun mal kein Mitglied des Sicherheitsrates der UN… Dafür freundliche Schaffnerin, die mir erklärt, warum der Zug mit drei Triebwägen fährt statt mit Einem – die Bahn ist seltsam.
27. 12. 2006 17:55
Nochmal Umgestiegen, sitze jetzt in dem Zugabteil, das nach Dresden fährt. Hoffentlich. Käsekriegsführung hinfällig geworden, da mein Sitznachbar schlimmer stinkt als der klassische Donnerbalken, ganz zu schweigen von den extremsten Käsesorten. Verstärkung von 2 (zwei!) schreienden Babys – was widerrum sehr schön eine Überleitung zur Re-autorisierung der Erziehung bildet – das eine Baby ist ca. 6 Monate, das andere 14 Jahre. Bin geneigt, die weiße Flagge zu schwenken, was mir, falls das Renterehepaar vor mir anfängt zu sprechen, als der einzige Ausweg erscheint. Wie lange läuft man von Hof nach Dresden?
27. 12. 2006 18:07
Die Kinder sind nicht mal das schlimmste – stellt sich heraus, das der Zug selbst laut genug dröhnt, um jeden Gedanken auszuschalten. Das erklärt, warum sich Reisende immer NACH der Reise beschweren. Da ich vor mir nur die häßlichen Sitzbezüge sehe und mir viel zu warm ist, sind somit alle Sinnesorgane ausser dem Geschmack unter schwerem Beschuß. Ob die Genfer Konventionen derartige Fälle vorraussehen?
27. 12. 2006 18:19
Es gibt einen Ort namens Marktredwitz, wo alle seltsamen und irgendwie Ekligen Leute aussteigen. Vielleicht sollte ich hier mal Urlaub machen.
27. 12. 2006 18:33
Die Reststrecke, wenn man nur noch einmal Umsteigen muß, und das Ende der Odyssee in Sicht ist, ist das härteste. Obwohl es noch Drei Stunden sind, fühl es sich schon an wie ein Endspurt, und ist somit in seiner Länge sehr unangenehm. Wäre ic h Odysseus, ich wäre direkt aus dem Schiff in den Palast gestürmt und hätte gebrüllt: „Penelope, I’m home!“ – und wäre von den Freiern zerfetzt worden. Diese Analogie passt viel zu gut, als das ich darüber genauer nachdenken will. Schluß damit, der Akku setzt langsam aus…