Mein Gehirn ist mittlerweile beständig im Modus „Höhere Vernunft„.
Das liegt an mehreren Faktoren – einer ist sicher, das ich heute Nacht den Artikel für das Semesterprojekt geschrieben habe, 15.000 Zeichen geballte Wissenschaft, von IHR live redigiert und IHR wird das bei der Schlussredaktion sicher noch Kopfschmerzen bereiten. Aber Köpfe haben es heute sowieso nicht leicht – weil es so monströs heiß ist, das ich kaum den Rechner zu starten wage, weil das zwangsläufig im Hitzetod der Grafikkarte endet – und ja, die ist übertaktet, eure etwa nicht?
Aber das ist gar nicht schlecht, unter Umständen. Weil ich aufgrund DIESER Empfehlung von IHM heute DAS gekauft habe.
Oh Gott, kann ich da nur sagen.
Ich erinnere mich an Zeiten, wo man den Playboy lesen konnte – nicht nur kucken.
Es gab Zeiten, wo man vor oder nach dem Kucken der Bilder in jedem Heft eine Portion Lesestoff hatte.
Ja, diese Zeiten sind vorbei.
Aber gehen wir es der Reihe nach durch:
Das Interview mit Konstantin Wecker. Das ist kein dummer Sportler, ausdruckseingeschränkter Wirtschafts-heini oder fad-öliger Politiker (Gruß an die Regierungskoalition!). Das Ist ein Poet, Schriftsteller, Komponist und Schauspieler. Und was fragt man den?
Genau, der Kollege vom Schundheftchen hat es als passend empfunden, die paar Fakten aus dem Einband nochmal abzufragen, den Gesprächsbereiten und offenen Menschen gegenüber mit Fragen zu belästigen wie: Sagen sie mal, Herr Wecker, bei Ihren Drogengeschichten, was war da das Schönste und was war da das Schlimmste?
Genau, diese Frage hatte ich erwartet. In der Schülerzeitung.
OK, nach vier Seiten habe ich dann Panisch vor und zurück geblättert, weil mehr war es nicht.
OK, man hat das Geld ausgegeben, schaut man sich den Rest an.
Und siehe da, es war erheiternd! Ein 20-Seiten-Special über Männerkosmetik (warum Männer Kosmetik verwenden sollen, ist mir nach wie vor schleierhaft. Immerhin haben wir es doch schon lange genug vermeidet, und sind technisch soweit sozialisiert, das wir in der Lage sein sollten, die Schönheitsideale als Photoshop-Kreationen zu erkennen. Oder glaubt ihr, die Schauern wirklich so aus? Bin ja immer wieder von der Blauäugikeit der Menschen erstaunt, die Bereit sind, an die Schönheit zu glauben und einen Gutteil ihres Konsums auf die Verwirklichung eines Sinnlosen weil unerreichbaren Ideals zu verwenden.)
Aber nein, der Spieljunge hatte noch mehr zu bieten.. Kurze „technische Berichte“ (genannt „Pressemitteilungen vom Hersteller“. Unser PR-Prof hätte Nasenbluten bekommen!), „Reportagen, die gnädig kurz und unreflektiert waren. Die Themen: Poker und Kunstflieger. Poker weil es angeblich cool ist, und Kunstflieger, weil … ja, warum denn? Wäre ein Schöner Einstieg für die Klimaschutzdebatte, aber Grafiken, wie die Flieger fliegen sind wichtiger, das gebe ich zu.
Zusammengefast:
Der Nährwert dieser Zeitschrift ist Ästhetisch und Inhaltlich kleiner oder gleich Null.
Tut mir leid, Jungs, ich weiß, das ihr in München, meiner Lieblingsstadt sitzt, und euch sicher Mühe gebt, aber das war halt die letzte Ausgabe von eurem Heftchen, die ich in die Hand nehme.
http://youtube.com/v/l1WKmoUrDiQ
Noch schneller, ein bisschen mehr fun, und genauso grausam zum anhören….
Tjaaaaaaaaa, nun gut. Der Playboy hat eben eine gewisse Leserschaft und die Artikel sollen nicht weh tun. Sie sollen völlig unbeschwert nebenbei zu lesen sein. Und ich gebe zu, unterhalten kann der Playboy ganz passabel. Über die Tiefe des Inhaltes müssen wir da nicht reden – gewiss nicht. Ich selbst habe besagte Artikel gelesen, als ich am Schreibtisch saß und mich ein wenig langweilte und da fand ich sie ganz nett. Wobei einen Artikel gab es, der strotze nur so vor machomäßigen Begriffen, das war schon billig. Die Poker- und die Patrouille Suisse-Reprtagen waren gut. Aber eben Playboy-Niveau, klar. Man kann sie nicht mit ZEIT oder GEO-Reportagen vergleichen. Deine Kritik beim Wecker-Interview kann ich gut verstehen und du hast damit recht. Mich hat es nicht so sehr gestört, da ich über den Mann noch nicht allzu viel wusste. Ich gebe da zu, dass ich noch lange Jahre die Verleumdungen über ihn in diversen Comedy-Sendungen aus den Neunzigern im Kopf hatte. Kann man mal sehen, wie sehr der Klamauk-Boulevard die Öffentlichkeit und die Jugendlichen prägt. Was für ein Charakter Wecker ist, hat sich mir persönlich erst im letzten Jahr erschlossen – unter anderem durch deine Blogeinträge. Aber ansonsten interessiert er mich dann auch nicht so sehr.
Um es auf den Punkt zu bringen: Der Playboy mag nach wie vor nett sein, aber kaufen würde ich ihn mir deswegen nicht. Die letzte Ausgabe habe ich wegen eines Interviews mit Sebastian Koch gekauft – das du auch prompt hast unter den Tisch fallen lassen – aber gut, das große Kino war das Inteview auch nicht.
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Tja, Wecker st halt fraglos einer der Großen Deutschen Lyriker – aber das geht unter, weil er halt nicht von den drittklassigen, verbitterten Fast-Literaten/Journalisten (auch Deutschlehrer genannt) in den Himmel gelobt wird, da viele seiner Texte einfach nur eine Anfangspunkt stellen, von dem aus man sich weiterdenken muss. Ist heute leider nicht mehr gern gesehen.
Und das finde ich so schade. Früher war der Playboy eben in Interviews und den Kurzgeschichten wirklich auf Zeit-Niveau.
Die hatten Riesen-Interviews mit Intelligenten Fragen und Interessanten Leuten, die da mal wirklich was sagen konnten – und es wurde halt oft auf die Seitenzahl gepfiffen, weil die Aussage wichtig und interessant war.
Und bei den Kurzgeschichten waren Namen wie Gabriel Garcia Marquez, Jonathan Carroll, Charles Bukowski, Herbert Rosendorfer und ähnliche Standardmäßig vertreten. Jetzt ist das Blättchen nur noch Maxim mit mehr Titten.
Da ist was Großes untergegangen.
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