Mit Bravado in den ersten Laden gestürmt, das Haar wehte im Winde und mit Schwung auf den Drehstuhl gehüpft. Freundlich in den Raum gegrinst und das Publikum betrachtet.
Zwei junge Eltern, die ihrem Sohn eine Streifenfrisur scheren lassen. Komisch – ich wollte das als Kind auch. Die Entsetzensschreie meiner Mutter lassen sich heute noch aus den Sturmschneisen im Wald schließen. Aber aus der Menge an Haar-Bildern schließe ich – und hier wäre Sherlock Holmes stolz auf mich -, dass ich in einem Friseurladen bin. Ein junger Mann bittet mich mit freundlichem, aber wortkargen Lächeln, auf dem Stuhl platz zu nehmen, und legt mir ebenso wortlos die übliche Kutte um. Wie er den Stuhl Richtung Spiegel ausrichtet, fragt er etwas, was ich nur aufgrund des Tonfalls als Frage erkenne. Meinen fragenden Blick wiederum nimmt er zum Anlass, mich in sehr gebrochenem Deutsch zu fragen, wie er denn die Haare schneiden soll. Ja, ich war bei einem türkischen Friseur, und die Sprachbarriere ist bei den Feinheiten der Coiffeurkunst besonders hoch. Was mittels dem von drei Wänden abgeprallten Echo jenseits der Barriere ankam, war meiner Einschätzung nach: „Kürzer“.
Erinnerungen an Duisburger Pizzabuden köcheln in mir hoch (hier im Pott immer noch ein Riesenthema …), als der Friseur gekonnt zwischen Schere Nummer eins und Schere Nummer Zwei wechselt, die sich nach meinem Ermessen durch nichts unterscheiden. Nach einer Weile, in der ich mich nicht traue, in den Spiegel zu kucken, hört das Schnippen auf, und ich presse ein deutliches „Passt scho so!“ hervor, und verlasse nach dem Bezahlen den Laden unter Vermeidung des Blicks in die Spiegel. Nach dem Besuch kann ich mich jetzt voll und ganz mit meinen Freunden, den australischen Schafen verbrüdern: Danach ist es kühler, aber währenddessen ist es alles andere als angenehm.
So, und jetzt gehe ich die Zeche Zollverein im Nebel fotografieren.